Die häufigste Kritik, die ich in Bezug auf Bodyweight Training höre ist, dass man damit keine Muskeln aufbauen kann. Das ist natürlich völliger Quatsch und ich habe das Thema ausführlich in diesem Artikel beschrieben.

Bei den Liegestützen ist es genau so. Viele Leute schaffen locker 20-30-50 Liegestütze und denken deswegen, dass man mit Liegestützen definitiv keine beeindruckende Muskulatur aufbauen kann. Was sie nicht wissen ist, dass man mit einfachen Anpassung die Liegestütze viel intensiver gestalten kann und dadurch die Muskeln weiter zum Wachsen bringen kann. Man muss nur ein wenig kreativer werden.

Genau darum soll es in diesem Artikel gehen – konsequenter Muskelaufbau ist mit Liegestützen jederzeit möglich. Wenn du weißt wie.

Die richtige Technik

Coach Stef in der Liegestütz Ausgangsposition
Auch bei Liegestützen sollte die Technik richtig gelernt sein

Zunächst einmal schauen wir uns die richtige Technik an. Wir sprechen hier von einem „normalen“ Liegestütz, wie du ihn vielleicht schon aus dem Schulsportunterricht kennst. Weiter unten findest du die Möglichkeiten, wie du den Liegestütz vereinfachen kannst, sofern du bisher keinen einzigen Liegestütz hinbekommst. Die Technik ist simpel, hat jedoch einige Details, die du beachten solltest:

  1. Erst einmal musst du die richtige Position für deine Hände finden. Lege dich mit der Brust auf den Boden. Platziere nun deine Hände auf den Boden, dass sie in der Höhe deines Brustbeines sind und du mit den Daumen deine Rippen berührst. Das ist die korrekte Ausgangsposition für deine Hände.
  2. Gehe nun in die Liegestütz-Ausgangsposition. Ab jetzt gilt – halte Körperspannung. Dein Körper sollte eine Linie bilden. Dein Becken sollte weder durchhängen, noch nach oben gedrückt sein.
  3. Drücke deine Ellenbogen nicht durch. Dadurch bleibt deine Muskulatur unter ständiger Spannung. Du kannst die Technik besser halten und reizt deine Muskeln stärker, was zu besseren Ergebnissen führt.
  4. Bewege dich nun nach unten und berühre mit deiner Brust leicht den Boden. Lege dich dabei nicht ab, denn dadurch verlierst du wieder die Spannung deiner Muskulatur. Halte deine Ellenbogen nahe am Körper.
  5. Bewege dich nach oben. Führe die gesamte Auf-Und-Ab-Bewegung in einem gleichmäßigen, lockeren Tempo durch.
  6. Du musst nicht unbedingt bis zum absoluten Muskelversagen arbeiten. Achte jedoch darauf, dass du dein Tempo gleichmäßig hältst. Irgendwann merkst du, dass deine Bewegung langsamer wird, z.B. dass du für einen Liegestütz statt 2 Sekunden nun 3-4 Sekunden brauchst – das ist genau der Punkt, an dem dein Muskel den Reiz zum Wachsen bekommt.

Häufige Fehlerquellen

Nun zu den häufigsten Fehlerquellen: irgendjemand hat einmal behauptet, dass man bei den Liegestützen einen Winkel der Arme von 90° haben muss. Das ist völliger Quatsch.

Dadurch verlagerst du die Belastung stärker auf deine Schultermuskulatur. Mit Liegestützen möchtest du aber deine Brustmuskulatur aufbauen, nicht wahr?

Halte daher deine Ellenbogen nahe am Körper. Wenn du die Übung fast bis zum Muskelversagen ausführst, dann wirst du schon merken, welche Muskeln besonders stark angesprochen wurden. Liegestütze trainieren nicht nur deine Brust- und Schultermuskulatur, sondern auch deinen Trizeps.

Durch die Plank-Position beanspruchst du auch deine Core-Muskulatur und Beinmuskulatur. Deshalb ist es auch so wichtig, dass du deinen Körper stets gerade und unter Spannung hältst. Das ist auch der Vorteil der Liegestütze gegenüber Bankdrücken. Beim Bankdrücken beanspruchst du deinen Rumpf und Beine nur sehr wenig.

Ein weiterer Fehler ist eine zu schnelle, ruckartige Ausführung der Liegestütze. Niemand hetzt dich. Du gewinnst keine Medaille, wenn du deinen Satz Liegestütze möglichst schnell ausführst. Stattdessen solltest du ein gemäßigtes, gleichmäßiges Tempo wählen und es auch die ganze Übung lang halten.

Versuche auch das Tempo zu variieren. Mache zum Beispiel einen Satz Liegestütze, bei dem du 5 Sekunden für die Abwärtsbewegung und 5 Sekunden für die Aufwärtsbewegung machst.

Zähle dabei laut mit. Natürlich wirst du dadurch nur wenige Liegestütze schaffen, aber du wirst merken, dass die Belastung und das Brennen der Muskulatur genauso stark ist, wie wenn du die Wiederholungen im 1-Sekunden-Takt ausführst.

Was genau lässt deine Muskeln wachsen?

Das ist die Preisfrage. Dein Ziel wird wahrscheinlich kein Weltrekord in der Anzahl der Liegestützen sein, sondern eine bessere Fitness und Aussehen. Wenn du Muskeln mit Liegestützen aufbauen willst, dann musst du die Basics kennen. Muskelaufbau wird durch zwei Faktoren gefördert – Trainingsreiz und Ernährung.

In der Ernährung musst du darauf achten, dass du genügend Protein zu dir nimmst, damit deine Muskeln überhaupt erst Bausubstanz haben, um größer zu werden. Diese Bausubstanz sind die Aminosäuren aus dem Protein/Eiweiß. Die Empfehlungen gehen hier weit auseinander, aber du machst nichts falsch, wenn du etwa 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich ansteuerst.

Nun müssen wir nur noch klären, woraus sich der Trainingsreiz zusammensetzt. Einerseits fördert die Stärke des Trainingsreizes das Wachstum deiner Muskulatur. Dein Muskel wird nur wachsen, wenn der Reiz weder zu hoch, noch zu niedrig ist. Wenn du 200 Curls mit einem Bleistift machst, dann wird dein Bizeps davon nicht größer, weil der Reiz einfach zu gering ist.

Wenn du eine zu hohe Belastung wählst, mit der du nur 1-2 Wiederholungen schaffst, dann wird deine Muskulatur zwar durch diesen Reiz wachsen, aber eben nicht optimal. Brad Schoenfeld, einer der bekanntesten Forscher und Sportwissenschaftler auf dem Gebiet Muskelwachstum hat bereits über 100 Studien und Publikationen zu diesem Thema veröffentlicht.

Sein Fazit ist: Muskeln wachsen optimal, wenn du ein Gewicht wählst, mit dem du mindestens 6 und maximal 23 Wiederholungen ausführen kannst. Wenn du also irgendwann mehr als 23 Liegestütze machen kannst, dann wächst deine Muskulatur nur noch langsam. Die Lösung dafür findest du weiter unten.

Die zweite wichtige Komponente des Trainingsreizes ist das Volumen. Das Trainingsvolumen ist vielleicht sogar noch wichtiger, als die optimale Stärke des Reizes. Auch hier zieht Brad Schoenfeld, genauso wie viele andere Forscher das simple Fazit: Volumen ist der größte Schlüssel zum Muskelwachstum.

Ein grober Richtwert sind 10 Sätze pro Woche pro Muskelgruppe, die du zum Wachsen bringen willst. Wenn du also 10 Sätze Liegestütze pro Woche machst, die fast bis zum Muskelversagen gehen und schwer genug sind, dass du weniger als 23 Wiederholungen damit machen kannst, dann wird deine Arm-, Schulter- und Brustmuskulatur wachsen.

Variationen der Liegestütze

Coach Stef in der Flugphase eines Superman Push Ups, die zu besonders schweren Liegestütz Varianten gehören
Übung macht den Meister: Mit genügend Kraft und Erfahrung werden auch die Superman Liegestütze keine unmögliche Übung

Jetzt müssen wir klären, wie du die Intensität der Liegestütze so verändern kannst, dass du mit dieser Übung optimale Fortschritte machen kannst. Unser Ziel haben wir im vorigen Abschnitt festgelegt: 6-23 Wiederholungen.

Was ist aber, wenn du keinen einzigen Liegestütz bisher machen kannst? Oder wenn du schon so stark bist, dass du locker 30, oder gar 50 Liegestütze hinbekommst? Hier ist die Lösung:

Einfachere Liegestütze

Wenn dir die normalen Liegestütze noch sehr schwer fallen, dann ist das überhaupt nicht schlimm. Viele Menschen haben entweder eine relativ schwache Muskulatur, weil sie bisher nicht besonders viel trainiert haben, oder sie bringen einfach viel Gewicht auf die Waage.

In beiden Fällen sind die normalen Liegestütze zu schwer für sie. In diesem Fall gibt es mehrere einfache Tricks. Der erste Trick ist – du kannst dich bei Liegestützen statt mit den Füßen einfach mit den Knien am Boden stützen. Dadurch verringerst du die Hebelwirkung, musst weniger Körpergewicht nach oben drücken und der Liegestütz wird einfacher.

Du kannst diese Methode gerne verwenden, wenn sie dir liegt. Sie hat allerdings einen kleinen Nachteil. Wenn du dich mit Händen und Füßen auf dem Boden abstützt, dann hältst du die Plank-Position. Dadurch beziehst du deine Bein- und Rumpfmuskulatur beim Liegestütz mit ein. Wenn du dich mit den Knien auf dem Boden abstützt, dann arbeiten deine Beine fast gar nicht mehr und dein Rumpf nur noch wenig – du musst auch keine krasse Körperspannung mehr halten.

Dadurch kann es passieren, dass sich deine Brust- und Armmuskulatur gut entwickelt, aber die normalen Liegestütze dir immer noch schwer fallen, weil deine Rumpfmuskulatur nicht mitmacht. Stattdessen kannst du einen anderen Trick anwenden. Je höher du dich mit den Händen über dem Boden platzierst, desto einfacher werden die Liegestütze.

Das Gewicht verteilt sich dann anders und du musst weniger Körpergewicht nach oben drücken. Wenn du in einer normalen Liegestützausgangsposition bist, dann lasten auf deinen Armen etwa 60-70% deines Gewichts.

Wenn du deine Füße auf dem Boden lässt, aber deine Hände auf eine Erhöhung, wie einen kleinen Stepper, oder einen Stuhl platzierst, dann musst du nur noch 40-50% deines Gewichts hochdrücken – der Liegestütz wird einfacher. Je höher deine Hände über dem Boden sind, desto einfacher ist der Liegestütz.

Du kannst so weit gehen, dass du dich 1-1,5 Meter vor eine Wand hinstellst, dich mit den Händen gegen die Wand lehnst und so die Liegestütze machst. Für die meisten wird aber ein Stuhl als Erhöhung bereits völlig ausreichend sein, um mehr als 6 Liegestütze machen zu k

önnen.

Schwerere Liegestütze

Was passiert, wenn du plötzlich mehr als 23 normale Liegestütze beherrschst? Ganz einfach – jetzt musst du sie schwerer und intensiver machen. Auch hier haben wir ganz einfache Tricks. Zunächst einmal kannst du die Position deiner Hände auf dem Boden variieren.

In der Anleitung am Anfang des Artikels habe ich beschrieben, dass deine Hände etwa in der Höhe deines Brustbeins platziert sein sollten. Wenn du eine schwerere Variante brauchst, dann bewege einfach eine Hand 10-20 cm nach vorne und die andere genauso weit nach hinten.

Mach einen Satz. Wechsle die Hände.

Die hintere kommt nach vorne und die vordere nach hinten. Mach noch einen Satz. Jetzt hast du abwechselnd eine Seite stärker belastet. Du wirst merken, dass du bei dieser Variante viel weniger Wiederholungen hinbekommst, als bei normalen Liegestützen.

Diamond Push-Ups

Führe bei dieser Variante die Hände in der Mitte zusammen, so dass sich deine Daumen und Zeigefinger berühren, während deine Hände auf dem Boden liegen. Versuche jetzt Liegestütze zu machen.

Bei dieser Variante fokussiert sich die Belastung stärker auf deiner Armmuskulatur, statt der Brust. Aber kein Sorge, die Brust und Schultern arbeiten weiterhin mit. Auch hier wirst du merken, dass du weniger Wiederholungen als mit normalen Liegestützen hinbekommst.

Plyometrische Liegestütze

Bei plyometrischen Liegestützen setzen wir auf Explosivkraft. Du drückst dich von Boden so stark und schnell weg, dass sich deine Hände für eine kurze Zeit vom Boden lösen.

Wenn du diese Liegestütze ein paar Wochen geübt hast, dann wirst du genug Explosivkraft entwickelt haben, um während der Sprungphase einmal in die Hände klatschen zu können.

Durch die starke Beschleunigung beim Absprung und beim Auffangen deines Gewichts in der Abwärtsbewegung hast du für eine kurze Zeit mehr Gewicht zu tragen als 70% deines Körpergewichts. Ist auch klar, dass das die Intensität der Übung steigert.

Beine hoch

Während du die Liegestütze einfacher machen kannst, indem du die Hände weiter vom Boden bringst, kannst du sie schwerer machen, indem du die Füße weiter nach oben legst. Versuche auch hier eine kleine Erhöhung, wie einen Stepper, oder einen Stuhl zu nehmen.

Da packst du deine Füße drauf und die Hände ganz normal auf den Boden. Dadurch hast du auch wieder einen höheren Prozentsatz deines Körpergewichts zu tragen. Die Übung wird schwerer.

Fazit

Du kannst mit Liegestützen jede Menge Muskelmasse aufbauen. Glaube niemandem, der das Gegenteil behauptet. Du musst dafür nur ein paar einfache Regeln beachten – mache die Übung oft (Volumen) und steigere die Intensität (nicht mehr als 20-23 Wiederholungen).

Auf meinem YouTube Kanal findest du zahlreiche Variation der Liegestütze. Mit ihnen kannst du deine Brustmuskulatur stetig weiterentwickeln. Wichtig ist, dass du die Technik richtig beherrschst und dich vor allem am Anfang nicht übernimmst.

Alles kommt mit der Zeit!